© Marcel Duchamp © Marcel Duchamp
© Marcel Duchamp
L.H.O.O.Q.
Ausstellung
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04.06. - 03.09.2022 · Galerie Thaddaeus Ropac
Montag - Samstag
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Marcel Duchamp

Ich hatte die Idee, dass ein Bild nicht zu oft betrachtet werden kann und darf. Es wird durch den Akt des zu häufigen Betrachtens entweiht. Es erreicht einen Punkt der Erschöpfung. Das Merkwürdige an diesem Schnurrbart und dem Kinnbart ist, dass, wenn man darüber nachdenkt, die Mona Lisa zu einem Mann wird. Sie ist keine als Mann verkleidete Frau, sondern ein echter Mann und das war meine Entdeckung, ohne dass mir das damals vollständig klar war. —Marcel Duchamp, 1961

Thaddaeus Ropac Salzburg zeigt im Annex der Galerie ausgewählte Werke von Marcel Duchamp, in Anlehnung an die fortlaufende Ausstellung Robert Rauschenbergs Japanese Clayworks. Duchamp und Rauschenberg verband eine enge Freundschaft und sie standen über Jahre in regem künstlerischen Austausch. So erwarb Rauschenberg beispielsweise 1959 Duchamps Flaschentrockner für seine persönliche Sammlung, ein Werk, das Duchamp als sein erstes readymade bezeichnete (mittlerweile in der Sammlung des Art Institute of Chicago). Für Duchamp waren die in einem Werk verkörperten Ideen wichtiger als das physische Werk selbst. So erklärte er: „Ein Duplikat oder eine mechanische Wiederholung hat denselben Wert wie das Original“. Was die Einbeziehung unorthodoxer Materialien in seine Werke betrifft – von denen viele fetischistische Assoziationen wecken –, war Duchamp einer der risikofreudigsten unter seinen Zeitgenossen. Die Nähe zu Duchamps revolutionärem Verständnis von Kunst zeigt sich in Rauschenbergs Werken nicht zuletzt in seiner anhaltenden Faszination für gefundene Objekte. Durch die Einbeziehung von Alltagsgegenständen, die er als „Geschenke der Straße“ bezeichnete, revolutionierte er die Bildfläche und erweiterte damit die Grenzen dessen, was als Kunstwerk betrachtet werden kann. Rauschenberg arbeitete während seiner gesamten Laufbahn stets kollaborativ mit Tänzern, Choreographen oder – wie auch für die Serie der Japanese Clayworks – mit spezialisierten Kunsthandwerkern zusammen und so offenbart seine Auffassung von der Rolle des Künstlers gleichermaßen eine Anlehnung an Duchamps Selbstverständnis. Zu den vielschichtigen Einflüssen von Duchamps Werk auf Rauschenberg zählen jedoch auch direkte ikonographische Bezugnahmen wie die Aneignung der Darstellung von Leonardo da Vincis Mona Lisa (1503–19). Für L.H.O.O.Q. hatte Duchamp eine Postkarten-Reproduktion des Werks mit Bleistift um einen Schnurr- und Kinnbart ergänzt, wobei der hinzugefügte Bart darauf hindeutet, dass es sich bei der Figur tatsächlich um einen Mann in Frauenkleidern handelt. Auch Rauschenberg inkorporierte Postkarten der Mona Lisa in seine Werke, wie beispielsweise für Untitled [Mona Lisa] (1952) aus der Serie der North African Collages. Als er Anfang der 1980er Jahre bei der Arbeit an den Japanese Clayworks in der Fabrik der Otsuka Ohmi Ceramic Company auf Reproduktionen historischer Meisterwerke westlicher Kunst stieß, auf deren Herstellung das Unternehmen spezialisiert war, inspirierten ihn diese zu seinen Japanese Recreational Clayworks. Er verwendete das Motiv der Mona Lisa für mehrere Werke dieser Serie und überlagerte sie mit eigenen Fotografien sowie gestischen Pinselstrichen. Durch den kontinuierlichen Dialog zwischen der Hand des Künstlers und dem auf mechanische Weise reproduzierten Bild reflektieren die Werke Ideen der Aneignung, setzen die Erkundung des Wechselspiels von Unikat und Multiple fort und bilden ein Echo auf Duchamps Konzept des readymade.

Der Titel der Ausstellung L.H.O.O.Q. ist dem gleichnamigen Werk Marcel Duchamps entlehnt; L.H.O.O.Q. ist ein Wortspiel; auf Französisch ausgesprochen, klingen die Buchstaben wie „Elle a chaud au cul“, ein vulgärer Ausdruck, der die gesteigerte Sexualität einer Frau impliziert. Die in Salzburg präsentieren Werke – wie etwa zwei in den 1950ern konzipierte und im darauffolgenden Jahrzehnt in Bronzeeditionen herausgegebe Objekte – offenbaren die zentrale Rolle der Erotik und des Fetischismus in der Praxis des Künstlers. Objet-Dard ist unverblümt phallisch und das Feuille de vigne femelle (das Weibliche Feigenblatt) verhüllt die erogenen Zonen nur unzureichend. Diese sinnliche, erotische Dimension ist untrennbar mit Duchamps radikaler Infragestellung des Wesens des Kunstwerks und der Rolle des Künstlers verbunden.

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