"Geldscheißer" als Silvestergeschenk (c) Confiserie Braun | © "Geldscheißer" als Silvestergeschenk (c) Confiserie Braun "Geldscheißer" als Silvestergeschenk (c) Confiserie Braun | © "Geldscheißer" als Silvestergeschenk (c) Confiserie Braun
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© "Geldscheißer" als Silvestergeschenk (c) Confiserie Braun
Authentisch & Tradition Wilfried Kropp

Confiserie Braun: Auf den zweiten Blick

Die Confiserie Braun in der Churfürststraße 4, zwischen Grünmarkt und Café Tomaselli, ist auf den ersten Blick ein edles, zurückhaltend eingerichtetes Altstadt-Geschäft für süße Naschereien. Das Besondere entdeckt der Kenner erst auf den zweiten Blick. Die Stille-Nacht-Mäuschen, der aufwendige Adventskalender mit handgemachten Pralinen, die Orangenlebkuchen. 

Die Verkäuferin Christa Lindenthaler informiert: „Bei uns wird alles noch von Hand gemacht.“ Auch die Kleinigkeiten, aber diese Kleinigkeiten verraten viel über die Ernsthaftigkeit und Leidenschaft, mit denen jemand sein Handwerk ausübt. Der Confiseur und Chocolatier Gerd Braun, ein jung gebliebener 75er, versteht sein Handwerk und übt es mit Stolz aus. 

Beispiel Orangeat. Braun stellt Orangeat selbst her. In einem über sechs Tage währenden Prozess werden die Bio-Orangen in Dickzucker eingelegt. Dabei wird der Frucht schrittweise das Wasser entzogen und die Schalen damit haltbar gemacht. Wer dann ein kleines Stück Orangeat im Mund hat, der spürt eine Aromafülle, die industriell hergestellte Ware nicht einmal andeutungsweise hat. 

Süße Köstlichkeiten von Hand gemacht

Bei Braun gibt es Weichselkirschen, die mehrere Monate in Alkohol lagern und damit konserviert werden. Frucht und Alkohol gehen, wie die Confiseure auf Französisch sagen, eine „mariage“, eine besonders enge Verbindung ein. Anschließend werden sie in Zucker getunkt und mit Schokolade überzogen. Nehmen wir als weiteres Beispiel den klassischen Blätterkrokant, knuspriger Bestandteil von Pralinen. Braun stellt den Blätterkrokant ebenfalls selbst her. Zucker wird zu Karamell geschmolzen und dann mit einer fein gewalzten Mandelmasse in mehreren Lagen übereinander gefaltet und in Form gebracht. Nach dem Abkühlen wird diese feinschichtige Spezialität in Stücke geschnitten und in Schokolade getunkt. Schmeckt man den Aufwand? Ja, wenn man die Praline bewusst im Mund zergehen lässt und sich dann beim Zubeißen am delikaten „Crunch-Effekt“ erfreut. 

Nichts im Hause Braun ist zufällig oder beliebig: Gerd Braun, schlank, feingliedrige Hände, hellwache Augen, ist eigentlich ein „Intellektueller der Patisserie“. Hinter jedem Detail steckt eine Überlegung. Er sieht sich in der Tradition von Bernhard Lambrecht, der in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Grundgedanken des „Bauhauses“ auf das Konditorenhandwerk übertragen hat. Lambrecht ging es um die Schönheit und die Echtheit des Materials, um die von Überflüssigem Zierat  befreite Form und selbstverständlich um handwerklich perfekt ausgeführte Produkte. Gerd Braun - ein Bauhaus-Anhänger in Hallein. 
 

Stille-Nacht-Mäuschen

Aber der heilige Ernst und die Strenge, die häufig aus den Bauhaus-Entwürfen sprechen, wird in der Confiserie Braun durchaus mit Witz und Ironie gebrochen. In der Weihnachtszeit gibt es die Stille-Nacht-Mäuschen aus Schokolade, die auf eine Anekdote der Komponisten Franz Xaver Gruber und Joseph Mohr zurückgehen.

Im Braun‘ schen Panoptikum treten zu Ostern der Figaro, Purple Haze, Rocky, Coco Chanel auf – Coco selbstverständlich mit der legendären Perlenkette. Karl Lagerfeld hätte seine Freude daran gehabt. In der Adventszeit erscheinen dann der Nikolo und die Kramperl, zu Silvester dann der Geldscheißer. Ein weiterer „roter Faden“ im süßen Universum von Gerd Braun sind die regionalen Bezüge: Der Florentiner, ein Gebäck mit Mandeln, ist der keltischen Scheibenfibel, einem Schmuckstück, nachgearbeitet, die sich im Halleiner Keltenmuseum befindet. Im Pralinensortiment wird auf Paracelsus verwiesen – „Die Dosis macht das Gift.“ Aus Mandeln und Honig werden die Rupertistangerl gemacht – ein Gruß an den Heiligen Rupertus, den ersten Salzburger Bischof.

Backstube mit Tradition

Die Backstube befindet sich in Hallein am Unteren Markt, in einem Haus aus dem 13. Jahrhundert, das in Hallein als Lebzelter-Haus bekannt war. Der Großvater von Gerd Braun erwarb das Haus 1912. Schon damals setzte dieser einen Schwerpunkt mit der Schweizer Confiserie, die er auf der „Walz“ kennengelernt hat. Als Walz bezeichnete man die Wanderjahre der handwerklichen Gesellen bis zur Meisterprüfung, in der sie neue Arbeitsweisen kennenlernen sollten.

Dieses Bestreben, von den Besten zu lernen, hat sich offensichtlich vererbt, denn auch Gerd Braun verbrachte seine Wanderjahre bei „ersten Adressen“, zuerst bei König in Baden Baden. Dann ging er als Neunzehnjähriger nach Paris, ohne ein Wort Französisch zu können. Bei Gaston Lenôtre, einem der Erneuerer der französischen Patisserie, erweiterte er sein fachliches Fundament – mit „Nebenwirkungen“, die bis heute anhalten: „Ich tauchte ein in die Sprache und Lebens-Kultur Frankreichs.“ In London arbeitete er anschließend bei Debry.

Die Zwillingssöhne Wolfgang und Serge, 41 Jahre alt, sind ebenfalls Konditormeister. Sie haben ihre Fertigkeiten nicht nur vom Vater, sondern ebenfalls auf einem langen Ausbildungsweg erworben, der sie nach Oberlaa (Wien), Sluka (Wien), Lenôtre (Paris), Luitpold (München) und Bachmann (Luzern) führte. Es ist daher kein Wunder, dass sich im Sortiment Kostbarkeiten finden, die man weder in Salzburg noch in Hallein vermutet. Braun war einer der Ersten, der die hauchzarten Macarons nach Österreich brachte. Und die kunstvollen „Japonais“, eine Spezialität aus der Schweiz. Und die Croissants, die tatsächlich wie in guten französischen Bäckereien mit Butter hergestellt werden. Die Liste der exklusiven Köstlichkeiten ist lang.
 

Einen zweiten Blick lohnen auch der Verkaufsraum in der Salzburger Altstadt und das Café in Hallein. Entworfen hat sie der Wiener Architekt Luigi Blau, der für seine sensiblen Adaptionen bekannt ist. Auf den ersten Blick: behaglich, zeitlos, zurückhaltend. Erst bei näherem Hinsehen entdeckt man die Feinheiten: Die Wandpaneele aus dem Holz von Birne-, Nuss- und Kirschbäumen. Die Tischplatten im Halleiner Stammhaus aus dem rötlich-warmen Adneter Marmor, die bequemen Swan Chairs vom dänischen Architekten Arne Jacobsen, sowie Stühle aus seiner Series 7. Die klassische Möbelmoderne in Hallein – und das schon seit 50 Jahren. Eine Entdeckung auf den zweiten Blick.

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